Die Schönheit dieser rätselhaften Statuette erschließt sich erst auf den zweiten Blick. Ihren Namen die „Rote von Mauern“ erhielt die kleine Kalksteinfigur aufgrund ihres roten Farbüberzugs. Sie wurde in einer Höhle bei Mauern nahe der Donau gefunden. Vor 25.000 Jahren, während der letzten Eiszeit, lebten dort Menschen, die sich von der Jagd und vom Sammeln von Früchten ernährten.
Erst bei der Ansicht aus verschiedenen Richtungen erschließen sich die Proportionen der kleinen nackten Gestalt mit ihren kurzen Beinen und einem überbetonten Gesäß. Ein Kopf, Arme oder Brüste sind nicht erkennbar. Somit ist auch nicht klar, ob eine weibliche Gestalt dargestellt werden sollte.
Verblüffend ist die Veränderung, wenn man die Figur etwas kippt: Aus dem menschlichen Körper wird der Schaft eines Penis und aus dem prominenten Gesäß werden die Hoden. Ein Doppeleffekt, der sicherlich beabsichtigt war.
Die Verbindung von menschlichem, nacktem Körper und dem männlichen Geschlechtsorgan lässt aus heutiger Perspektive einen Zusammenhang mit Fruchtbarkeitsriten annehmen. Auch die rote Bemalung der Figur ist nicht zufällig: Als Farbe des Blutes spielte Rot in der Vorgeschichte eine große Rolle im kultischen Leben.
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Augenzeugenbericht von Prof. Dr. Lothar Zotz zur Auffindung der „Roten von Mauern“ durch Christoff von Vojkffy:
[24. VIII. [1948]
Auch im südwestlichen, d.h. nahe der Höhle 1 gelegenen Teil des Grabens ist die Magdalénienschicht in 2,20 m Tiefe erreicht. Darunter liegt eine braune Schicht, aus der alsbald eine retuschierte levallois-artige Klinge herauskam. Die Magdalénienschicht führt hier stellenweise merkbare Anreicherung von Holzkohleflittern. Im Bereich dieser Flitter wurde unterhalb der Magdalénienschicht eine circa handtellergroße Zone beobachtet, die intensiv rot gefärbt war. Graf Vojkffy erklärte, sie gleiche völlig der roten Zone, in der das Mammut am Eingang der Höhle II gewesen sei. Beim Abbau dieser roten Zone, von der Proben entnommen wurden, ergab sich, dass sie völlig mit feinen Mikrolithen, darunter mehreren aus rotem Radiolarit durchsetzt war. Am anderen Ende des Grabens, an dem Graf Vojkffy arbeitete, stieß dieser ebenfalls auf eine derart intensiv rot gefärbte Zone innerhalb der Schicht. Sie barg einen offenbar phallusartigen intensiv rot gefärbten Stalagmit, der mit der Schichtumhüllung geborgen wurde… Die „Rote von Mauern“ wie sie Graf Vojkffy nannte wurde abends im Gasthaus bei heller Beleuchtung aus dem Schichtblock geschält, die den vermeintl(ichen) Stalagmiten enthielt.