Das Leben im Jenseits stellten sich Griechen und Römer als eher langweilige Existenz in einem grauen Schattenreich vor. Ganz anders war die keltische und germanische Glaubenswelt: Hier setzte sich das irdische Dasein im Jenseits fort. Deshalb war es wichtig, die Toten mit allem auszustatten, was schon im Diesseits benötigt worden war: beispielsweise Kosmetikartikel, Werkzeuge und sogar Waffen. Vor allem aber Geschirr, Speisen und Getränke.
Als Kelten und Germanen unter römische Herrschaft gelangt waren, haben sie mehr und mehr die römische Lebensweise und auch das ganze Spektrum der römischen Produkte übernommen. An den im Alltag benutzten Gegenständen war ihre Herkunft bald nicht mehr zu erkennen.
In den Jenseitsvorstellungen dagegen blieben die Menschen ihren alten Traditionen treu. Die hier gezeigte Grabausstattung einer sehr reichen Dame aus der Zeit um 200 n. Chr. ist ein Beispiel dafür. Als Angehörige der sozialen Führungsschicht in der Provinz Raetien kam ihr die Rolle als Gastgeberin von Festmählern zu. Um diese gesellschaftliche Verpflichtung im Jenseits fortführen zu können, hat man ihr bei der Bestattung das Tafel- und Küchengeschirr auf den Scheiterhaufen mitgegebenen. Durch das Feuer sind allerdings nicht alle Beigaben erhalten geblieben. Vor allem das umfangreiche Speiseservice aus Glas ist weitgehend verschmolzen.
Weitere Medien
Die fiktive und satirische Erzählung des Titus Petronius Arbiter über ein Gastmahl im Hause des prahlerischen Neureichen Trimalchio spielt in einer mittelitalischen Kleinstadt zur Zeit Kaiser Neros. Der aus Kleinasien stammende ehemalige Sklave Trimalchio hat nach seiner Freilassung mit der Erbschaft seines einstigen Besitzers und durch Geschäftssinn ein gewaltiges Vermögen angehäuft. Regelmäßig lädt er Freunde und Klienten wie den Erzähler Titus Petronius Arbiter zu feucht-fröhlichen Abenden in sein Haus ein. Dort protzt er vor seinem Publikum unerträglich mit erlesenen und raffinierten Speisen, garniert mit überraschenden bis peinlichen Unterhaltungsgags. Die Orgie erstreckt sich vom späten Nachmittag bis tief in die Nacht.
Aperitif: Honigwein
Erster Gang: weiße und schwarze Oliven, Haselmäuse mit Honig und Mohn, heiße Würstchen und syrische Pflaumen mit Granatapfelkernen
Zweiter Gang: Wachtel in gepfeffertem Eidotter, serviert in Pfauenei
danach: Honigwein wird nachgeschenkt - gefolgt von wertvollem altem Falernerwein
Dritter Gang: Tafelaufsatz mit zwölf Tierkreiszeichen, darauf jeweils ein Gericht: Widdererbsen, Rindfleisch, Hoden und Nieren, Wurstkranz, afrikanische Feige, Gebärmutter einer Jungsau, warme Torte und Honigkuchen, Meeresfisch, Rabe, Hummer, Gans, Seebarben, dazu geröstetes Brot
Vierter Gang: Poularden und Saueuter, Hase mit Federn wie ein Pegasus verziert, Fische mit Pfeffersauce, danach: Wein
Fünfter Gang: Wildschwein im Ganzen mit syrischen und ägyptischen Datteln; dazu aus Teig geformte Ferkel zum Mitnehmen für die Gäste
Sechster Gang: Trauben
danach: Wein
Siebter Gang: Sechsjähriges Schwein im Ganzen, gefüllt mit Brat- und Blutwürsten, danach: Wein
Achter Gang: verschiedene Kuchen, Früchte und Trauben mit Safran
Neunter Gang: entbeinte Masthühner, Gänseeier
Zehnter Gang: Drosseln aus Weizenmehl, gefüllt mit Rosinen und Nüssen
Elfter Gang: Quitten mit Dornen wie Seeigel bespickt
Zwölfter Gang: Mastgans, Fische und Vögel – alles aus Schweinefleisch gefertigt
Erster Nachtisch: Austern und Muscheln
Zweiter Nachtisch: Schnecken
Textausschnitt aus der Grabinschrift mit dem Testament eines sehr reichen Galliers aus dem 2. Jahrhundert nach Christus:
„…. Es ist aber mein Wunsch, dass meine gesamte Gerätschaft, die ich mir zum Jagen und zum Vogelfang angeschafft habe, mit mir verbrannt wird zusammen mit den Lanzen, den Schwertern, den Dolchen, den Netzen, dem Netzgarn, den Stricken, den Leimruten, den Beobachtungshütten, den Vogelscheuchen; ferner zusammen mit den Badeutensilien, den Sänften, dem Tragesessel und jeglichen Hilfsmitteln und der Gerätschaft jenes Hobbys; auch soll mein Boot aus Binsen verbrannt werden, und zwar so, dass danach nichts von unten weggenommen werden kann. Auch mit mir verbrannt werden sollen mein buntgewebtes Gewand und mein golddurchwirktes Seidengewand und überhaupt alles, was ich hinterlasse [---].“