Die Bügelfibel aus dem bayerischen Wittislingen ist der größte und schwerste Kleiderverschluss des frühen Mittelalters, den wir aus Bayern und sogar aus ganz Deutschland kennen. Gleichzeitig ist sie ein einzigartiges Schmuckstück: Sie besteht aus 250 Gramm Silber und Gold und ist mit glitzernden Granaten verziert, die aus Indien und Portugal stammen. Hergestellt wurde sie aber in Süddeutschland.
Ein großes Geheimnis verbirgt sich auf der Rückseite: eine lateinische Inschrift, die schon bei der Herstellung eingeritzt und mit dunklem Schwefelsilber gefüllt wurde. Die Inschrift erinnert an ein früh verstorbenes, christliches kleines Mädchen mit Namen Uffila. Der Auftraggeber des Schmuckstückes war wohl ein Mann namens Wigerig, vielleicht der Vater des Kindes. Getragen wurde das Schmuckstück jedoch mit Sicherheit von einer Frau. Sie stammte aus einer der vornehmsten Familien der damaligen Zeit. Im Grab von Wittislingen ist die Bügelfibel das älteste Stück, gut 50 Jahre älter als alle anderen Objekte. Wahrscheinlich war sie ein Familienerbstück.
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Das Grab von Wittislingen wurde im November 1881 entdeckt. Damals und noch bis zum 30. Juni 2023 galt in Bayern der Paragraph 984 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieser besagte, dass sich Grundeigentümer und Finder das Eigentum an einem archäologischen Fund teilen mussten. Im Januar 1882 kam es darüber zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung:
Protokoll aus der öffentlichen Sitzung des königlichen Amtsgerichts Dillingen
in Sachen Hochstätter Josef,Maurer von Wittislingen und Lanzinger Josef, Maurer von dort
gegen Keiß Georg, Müller von Wittislingen wegen Anerkennung des Miteigentums in Dillingen am 3. Januar 1882.
Der Richter constatiert, dass die beiden Maurer in einem dem Müller gehörigen Steinbruche in den ersten Tagen des Monats November 1881 ein mit Schmuckgegenständen geziertes Totengerippe dort gefunden haben. Hochstätter und Lanzinger überlassen nun diesen ganzen Fund dem Eigentümer des Grundstückes Georg Keiß zum Alleineigentum und zur beliebigen Verfügung. Georg Keiß verpflichtet sich hiermit, als Entschädigung für Abtretung des Miteigentumes an denselben die Summe von 800 Mark zu bezahlen.
Nur einen Tag später verkaufte der Müller Keiß die Funde für 3300 Mark an das Bayerische Nationalmuseum, das die Funde 1974 der Archäologischen Staatssammlung übergab.
Uffila vivat in d(e)o, filix in nocens funere capta quia vivere, dum poti fui fidelissema tuatisa in d(e)o, Wigeric fecit
Uffila, sie lebe glücklich in Gott, sie war glücklich und wurde unschuldig vom Tod ergriffen. Solange sie lebte war sie die allertreuste. Sie ruhe in Gott. Wigerig hat es machen lassen.