An diesem Glasgefäß sind zwei Hohlkugeln durch mehrere Röhren verbunden. Sie bewirken, dass die Flüssigkeit nicht ungehindert fließen und nur tröpfchenweise abgegeben werden kann. Da die äußeren Röhren am schmalen Ende keinen Durchlass haben, ist die Flüssigkeit beim Kippen wahrscheinlich recht plötzlich und unvorhergesehen herausgeschwappt.
Ob es wirklich so war? Wir haben uns nicht getraut, es auszuprobieren – zu groß erscheint uns das Risiko, dass das Glas zerbricht. Das als Guttrolf bezeichnete Gefäß hat nämlich bereits feine Sprünge – man erkennt sie bei genauem Hinsehen!
Aus den zahlreichen bekannten Gräbern des Frühen Mittelalters kennen wir bisher nur drei vergleichbare Stücke aus ganz Europa! Sie stammen von weit voneinander entfernt liegenden Fundorten: Boulange-Bassompierre in Lothringen, Oberflacht in Württemberg und eben Unterspiesheim im Landkreis Schweinfurt. Die Seltenheit zeigt, wie kostbar diese Gläser waren. Ihre Herstellung beherrschten nur sehr wenige Glasbläser. Man vermutet, dass die zugehörigen Werkstätten in Nordfrankreich oder im Rheinland lagen.
Unter den drei vergleichbaren Gefäßen ist das von Unterspiesheim noch einmal besonders. Bei ihm sind die äußeren Röhren so gestaltet, dass sie wie Elefantenrüssel wirken. Das kennen wir auch von anderen Glasgefäßen: Sie finden sie unschwer in dieser Vitrine, gleich rechts daneben.