München ist ein Industriestandort – dazu gehört auch, ob Sie‘s wollen oder nicht, die Waffen- und Militärsparte, die in München-Allach produziert. Ist das eine jahrtausendealte Tradition? Wohl kaum! Trotzdem gehört ein Fund aus Allach, der 1891 beim Kiesabbau zu Tage trat, auch in den Bereich der ‚Rüstungsindustrie‘, wenigstens der antiken. Das Eisenschwert, das mitsamt seiner eisernen Blechscheide gefunden wurde, ist tatsächlich ein keltisches High-Tech-Produkt. Die Kelten, die seit etwa 500 v. Chr. weite Teile Europas besiedelten, waren berühmt-berüchtigt für ihre Eisenproduktion und auch für ihre schlagkräftigen Waffen. Dass die nicht nur rein technische Meisterwerke waren, sondern auch einen ästhetischen Wert besaßen und bisweilen ‚himmlischen‘ Schutz gewährten, zeigt das Stück aus Allach auf ganz einzigartige Weise.
Auf der Klinge der Waffe sind gleich unterhalb des Griffs Symbole aus Gold und Bronze eingelegt, die auf den ersten Blick nichts weiter als Sonne oder Vollmond, einen geraden Strich als Horizont und die Mondsichel darstellen. Allein das wäre schon recht schön, bei genauem Hinsehen fallen aber weitere Pünktchen goldener Intarsien auf, die doch wohl kaum Zufall sein können. Und tatsächlich – mit fünf an der Zahl könnten sie mit Sonne und Mond die den antiken Menschen bekannten Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn abbilden. Sie stellen damit, wie es ein Wissenschaftler einmal formuliert hat „den Kern des kosmologischen Weltbilds des Alten Europa“ dar – kurz gesagt, den Himmel, der den Kelten ja bekanntermaßen auf den Kopf zu fallen drohte.
Die Deutungen gehen aber noch weiter: Die Position der Pünktchen könnte ein Himmelsphänomen wiedergeben, dass auch heute nur geübte ‚Sternengucker‘ am Nachthimmel identifizieren können. Das Sternbild der Plejaden, benannt nach den mythischen Töchtern des Titanen Atlas – das Muskelpaket, das das Himmelsgewölbe trägt – und einer Meerjungfrau, ist mehr oder weniger realistisch in die Klinge eingelassen.
Welcher Deutung man nun auch folgen mag – jedenfalls vor über zweitausend Jahren also schon ein ganz detailliertes astronomisches Wissen an Würm und Isar! Sternenkunde und dazu die Kenntnis um Jahreskreisläufe, Ernte, Aussaat und Profit gehörten seit jeher zum Elitenwissen, mit dem die Mächtigen ihre Macht bewahrten und die Nicht-ganz-so-mächtigen im Zaum hielten. Waffen und Wissen waren also auch schon immer – und nicht erst seit den Kelten – Mittel zum gleichen Zweck. Das Schwert von Allach verbindet diese Komponenten ganz eindrücklich – und schenkt uns einen wundervollen und trotz allem friedlichen Blick in den Sternenhimmel über München!