Trinkgeschirr wie Becher und gefüllte Krüge gehören zur Standardausstattung römerzeitlicher Gräber. Die Toten sollten auch im Jenseits keine durstigen Kehlen bekommen. Traditionell trank man Wein, der oft von weither bis in die Gebiete nördlich der Alpen transportiert wurde. Zu den klassischen Anbaugebieten gehörten die Mittelmeerregionen Italien, Spanien, Nordafrika und Griechenland. Bald drängte Südfrankreich auf den Markt, das mit seinem Fasswein zum Hauptlieferant nördlich der Alpen aufstieg. In der Zeit um 300 n. Chr. kamen die ersten Anbaugebiete im heutigen Deutschland dazu: die Pfalz und der Moselraum.
In Trier, seit diesen Jahren Kaiserresidenz, produzierten findige Töpfer schnell das passende Geschirr zum edlen Getränk, das zu einem echten Verkaufsschlager wurde. Bis an die Untere Donau reichte der Export. Das Raffinierte an den schwarzglänzenden Bechern waren die weißen Aufschriften. Fast immer sind es Trinksprüche oder Aufforderungen aus der Perspektive des Bechers: „Nimm mich!“, „Fülle mich!“, „Lasset uns trinken!“, „Wein her!“, „Gib Unvermischten!“, „Nochmal vollmachen!“.
Hier gezeigt wird einer dieser „Trierer Spruchbecher“ aus dem kleinen spätrömischen Gräberfeld von Unterbiberg am südlichen Münchner Stadtrand. Er war zusammen mit einem Weinkrug einem Mann um die Fünfzig ins Grab gestellt worden. Der um den Bauch laufende Trinkspruch lautet: vivamus – „lasset uns hochleben!“.
Die fröhliche Aufforderung gefiel den Auftraggebern der Ausgrabung im Jahr 1995 so gut, dass das gesamte neu gebaute Wohnviertel den Namen VIVAMUS erhalten hat.